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Der
Plan
Anfang
August 2003 traf sich das Team Thermotheologischer Baddler
zu einer Dringlichkeitssitzung, um die Konzeption der jährlichen
TTTB-Tour zu beratschlagen. Nach Radrennen durch Norwegen
(2000), rund um den Fichtelberg (2001)
sowie einer Wanderung entlang der Eiger-Nordwand
war den TTTBlern die hohe Erwartungshaltung der Öffentlichkeit
bewußt: Mit bloßen Aufschneidereien würden sie keinen
Mann mehr vor die Flüssigkristalle bekommen. Ein neues Konzept
war dringend erforderlich, um weiterhin auf der Woge der Zeit zu surfen.
Lange Debatten (zum Glück von whiskyschweren Gönnern unterstützt)
förderten ein breites Spektrum an Ideenmaterial zu Tage, doch
Ideen wie Orientierungslauf oder Patentrechtbreaking konnten nicht
wirklich überzeugen.
Yost kaute
nachdenklich auf seiner Lippe herum, bis Maya ihm ein Glas Gurken
vor die Nase hielt. Nachdem er den aus der angebissenen Gurke entweichenden
Schwall von Flüssigkeit erfolgreich bekämpft hatte, fragte
Yost nach der Herkunft des leckeren Gürkchens. - "Spreewald",
tönte es.
"Wo wachsen die da?" fragte er grüblerisch.
Keine Antwort, nirgends. Aber als sich am nächsten Morgen die
Whisky-Dämpfe gelichtet hatten, lag der Plan klar vor dem Team
thermotheologischer Baddler: Eine Suche nach der Spreewaldgurke war
genau die Herausforderung, die man gesucht hatte.
Doch Dany argwöhnte: "Was ist, wenn auch die Sendung mit
der Maus nach der Gurke sucht?"
"Dann müssen wir eben schneller sein als die Konkurrenz",
erwiderte Andy gleichmütig, "sportlicher Anspruch, da steht
ihr doch drauf." - "Aber wie sollen wir durch den Spreewald
und seine tausendarmigen Kanäle biken oder bergsteigen? Noch
dazu schnell." - "Tja, da müssen wir wohl oder übel
die Fortbewegungsart wechseln..."
Die
Anreise
Der Start am Bahnhof Neustadt war von Journalisten gesäumt, die
die vier TTTBler gekonnt in Interviews verstrickten und so am Einsteigen
in den planmäßigen Zug hinderten. Wenn das keine Finte
der ARD war! Doch es sollte noch arger kommen. Als die TTTBler die
für die Kong-Wahl notwendigen Ü-Eier besorgen wollten,
stellte sich heraus, dass ihre Widersacher alle aufgekauft hatten.
Doch so leicht ließen sich die vier nicht aus dem Konzept bringen.
Sie borgten sich an einem Kaffeestand vier Strohhalme und zelebrierten
die Kong-Wahl mit eingerollten Losen: Weniger feierlich, dafür
designtechnisch aber extrem fortgeschritten.
Aus der Wahl ging die große Maya als Kong hervor, die sich umgehend
zur Köngin umtaufte. Auch den drei Recken schneiderte
sie Namen auf den Leib zu. Andy sollte nunmehr Dummi, Yost Blödi
und Dany Hirni genannt werden. Auf die Nennung falscher Namen standen
harte Liegestützen- und Kniebeugen-Strafen, ebenso auf die Verwendung
unpassender Eigenschaftszuschreibungen auf sich selbst und auf andere
Recken. So durfte sich angesichts eines (bei den dummen Recken natürlich
häufig vorkommenden) Missgeschicks nur Blödi "Mensch,
ich Blödi" zuraunen.
Die nächste Attacke der Maus-Spione erwartete die TTTBler im
Zug in Gestalt einer Flasche amerikanischenWhiskygebräus. Mit
dem billigen Fusel sollten die TTTBler außer Gefecht gesetzt
werden. Doch die Köngin ahnte die Falle und warnte die Recken.
Nur Blödi schlug ihre Mahnungen wider Gesetz und schlechteren
Wissens in den Wind. Die Köngin jedoch wußte, dass Blödi
ganze Waggons von Whisky vertrug, ohne auch nur mit der Augenbraue
zu wippen, und so ließ sie Gnade vor Recht ergehen.
In Lübbenau angekommen, dem Zentrum des Oberen Spreewaldes, wo
die Köngin zunächst die Spreewaldgurke vermutete, begab
sich das TTTB auf die Suche nach einem geeigneten Ort, um die mitgebrachten
Boote vom Stapel zu lassen. Die Eingeborenen waren bereits von der
Maus instruiert und wiesen auf die Frage nach dem Weg mal in diese,
mal in jene Richtung. Nur dem ausgeprägten Spreewaldinstinkt
der Köngin war es zu verdanken, dass die Recken schließlich
wohlbehalten ans Ufer des Kanals gelangten und dort aus dem verwurstelten
Gesacks der beiden Faltenboote zwei brauchbare Schwimmkörper
herstellten:
Der erste Tag
Nachdem die Köngin zum Ärger der Recken großzügig
von der Abhaltung eines Mittagsmahls abgesehen hatte, legte das TTTB
ab und stürzte sich in das wilde Kanaltreiben. Das Kanalsystem
war äußerst verzwickt und schon bald hatten die Recken
jegliche Orientierung verloren. Nur die Köngin wusste noch, wohin
sie fuhren, und welche Kanäle sie schon nach der Gurke abgesucht
hatten. Ihr entging auch nicht, dass gewisse grüne Boote mit
erstaunlicher Regelmäßigkeit den Weg des TTTB kreuzten.
Versuchshalber fragte sie den Insassen eines solchen nach der Richtung
und erhielt in der irreführenden Antwort prompt die Bestätigung
für ihren Verdacht - der Obere Spreewald wimmelte von Helfershelfern
der Maus.
So blieb keine Wahl, als schleunigst das kontaminierte Gelände
zu verlassen und in den Unteren Spreewald zu flüchten. Um die
Verfolger abzuhängen, baddelte das TTTB ohne Atempause mit voller
Kraft bis nach Lübben, wo auch der letzte Spion die Baddel streckte.
Als sie sich in Sicherheit wähnten, begannen sie nach einer Übernachtungsmöglichkeit
Ausschau zu halten. Nach einigen Kilometern ruhigen Paddelgeplätschers
erreichte das TTTB endlich einen Zeltplatz im alten Ostformat, auf
dem sie ihr Lager aufschlugen und nach Spaghetti und Skat alle Viere
aufs Ohr legten.
Der
zweite Tag
Die Sonne
weckte die Helden zu einem kongfreien Sonntag, den sie, um Kraft zu
tanken, mit einem ausgiebigen Frühstück einläuteten.
Voller Elan sprangen sie in die Boote und erreichten binnen kurzem
den Unteren Spreewald. Die Baddel führten silbrige Verstrudelungen
im grünen Wasser herbei und die gelben und weißen Seerosen
schaukelten gütlich am Ufer. Letzteres näherte sich zuweilen
bis auf wenige Zentimeter erfoderte vom TTTB höchste Leistungen
in der Präzisionslenkung.
Weit und breit war der Untere Spreewald so gurkenfrei wie der Obere.
Zudem tauchte ein ernsthaftes Fortbewegungsproblem auf, das insbesondere
die Energien von Yost lahm legte: Bremsen bremsten mit ihren üblen
Bissen die kontinuierliche Baddelarbeit der Baddler. Es bestand kein
Zweifel, dass hier wieder der lange Arm der Maus zulangte.
Der Arm der Maus war zwar lang, aber doch nicht so lang, dass ihr
nicht ein Versäumnis unterlaufen würde: Die Maus hatte vergessen,
all die redseligen Eingeborenen auf ihren Kähnen zu entfernen.
Von einem von ihnen erhaschten die TTTBler die Auskunft, dass hinter
Groß Wasserburg Gurken gesichtet worden seien. Und in der Tat,
kaum war Groß Wasserburg erreicht, entdeckte Dany die erste
Gurke auf dem Wasser. Sie baddelten weiter und je näher sie dem
Köthener See kamen, desto dichter wurde das Gurkenaufgebot.
Der Köthener
See schien die Quelle der Gurken zu sein, es galt somit, ihn genauestens
abzusuchen, um den Ursprung der Spreewaldgurke aufzudecken. Die TTTBler
führten an mehreren Stellen des Sees vom Boot aus Tauchgänge
durch:
Dann
teilten sie sich, um einen möglichst großen Teil der Seeoberfläche
schwimmenderweise abzusuchen, wobei Yost die Insel in der Mitte des
Sees erforschte.
Nach kurzer Zeit ertönten laute Rufe von der Insel und Maya,
Dany und Andy näherten sich ihr. Noch bevor sie das Ufer erreichten,
sahen sie die Bescherung. Yost hatte den Verstand verloren, vermutlich
aufgrund eines alten Fluches, das auf der Insel lag. Er wippte auf
dem Ast eines Baumes, den Oberkörper entblößt, die
Augen rollend und brüllte krudes Zeug. Um nicht auch dem Fluch
zum Opfer zu fallen, näherten sich Dany, Andy und Maya der Insel
nur auf Rufweite und lockten Yost mittels gewiefter sprachlicher Verkapselungen
ins Boot.
Nachdem sie mit gesammelten Kräften den Sog der Insel auf das
Boot überwunden hatten, wurde Yost schlagartig wieder normal
und ordnete sein zerzaustes Haar. Dany, Maya und Andy fiel ein Stein
vom Herzen. Die Abenddämmerung brach herein, still lag der See:
Von
dem Kampf völlig ermattet blieb dem TTTB jedoch nichts anderes
übrig, als ihr Zelt auf dem Gelände einer Deutschen Jugendherberge
aufzustellen und nach einem mitreißenden Tischtennismatch auf
Profiliganiveau und genauer astrologischer Analyse der Sternbilder
in Bezug auf die Ereignisse des nächsten Tages eine Tüte
Schlaf zu nehmen.
Der
dritte Tag
Am nächsten Morgen verschliefen die Helden das leckere DJH-Frühstück.
Dem Kongklave entstieg Andy als Chef. Er ließ sich fortan "Der-Kong-der-nicht-grausam-sondern-huldreich-ist"
(oder kurz: Huldmann) nennen, was sich jedoch aufgrund ihrer fortgeschrittenen
Recken-Debilität Maya und Yost nicht merken konnten. Der Huldmann
beschloss, die Suche auf dem See fortzusetzen, sich jedoch der Insel
nur bis auf wenige Meter zu nähern und beisammen zu bleiben.
Als sich das TTTB nach einigen Stunden vergeblicher Suche abermals,
diesmal von der anderen Seite, der Insel näherte, tat sich vor
ihnen die Herkunft der Spreewaldgurke auf.
Am Ufer der Insel standen zwei Kinder, eines in Höschen, das
andere in einem gelben Kleidchen. Aus einem großen braunen Fass
entnahmen sie mittels einer Zange Gurken, die sie auf vorüberschwimmende
Fische warfen. Die getroffenen Fische zogen sie mit einem Köcher
ans Land. Im Hintergrund der Szene sah man eine Frau, die Gurken von
Sträuchern brach und in Fässer schichtete, und einen Mann,
der an langen Schnüren von Baum zu Baum Fische zum Trocknen aufhängte.
Das also war des Rätsels Lösung. Die Recken lobhudelten
den Huldmann ob der außerordentlichen Entdeckung und sangen
ihm ruhmvolle Lieder nach Melodien von Herbie (Yost kannte keine anderen).
Sodenn brachen sie gen Norden auf, um über Märkisch Buchholz
den Zug zu erreichen, der in Oderin dem wahrscheinlichen Geburtsort
von Yosts Mutter. An einer Schleuse auf halbem Wege bewiesen die Recken
leider einmal mehr ihre Dummheit. Dem Huldmann zu Ehren wollten sie
ihn auf der Bootsschleppe spazieren fahren und versenkten ihn prompt
und nach Zeugenaussagen sogar vorsätzlich mitsamt der Schleppe
im Kanal, aus dem er mit nasser Hose und grimmigem Antlitz entstieg.
Zur Strafe stellte er das Baddeln ein und ließ sich ziehen.
Sich in Sicherheit wiegend, tappte das TTTB in eine neuerliche Falle
der Maus. Der Fluss Dahme, den das TTTB von Märkisch Buchholz
aus gen Westen nehmen sollte, war in dieser Richtung von der Maus
sorgsam mit Gestrüpp aufgefüllt worden, so dass das TTTB
zunächst dran vorbei fuhr. Als der Huldmann nach einigen Kilometern
den Irrtum entdeckte, galt es umzukehren und zurückzupaddeln.
Aufmerksam suchte man die Ufer nach einer möglichen Mündung
der Dahme ab und wurde fündig. Die Boote waren nur schwer durch
den engen Graben zu bugsieren. Nach einer watend überwundenen
Sohlschwelle unter einer Brücke stoppte das Gestrüpp der
Maus den Weg des TTTB vollends. Der Huldreiche entsandte seine Recken
daraufhin, den Ort Märkisch Buchholz nach seiner Verbindung zu
möglichen Verkehrsknotenpunkten abzusuchen. Da die Recken fündig
wurden, ließ er die Boote dem Wasser entreißen und wieder
in die Säcke stopfen.
Nach einigen andächtigen Minuten im Abendrot brachen die Recken
zu ihrer Heimfahrt auf. Diese verlief glücklicherweise bis auf
die handelsübliche Verspätung ohne weitere Zwischenfälle.
Somit gelang es dem TTTB der Maus ein Schnippchen zu schlagen und
der Öffentlichkeit die Herkunft der vielgepriesenen Spreewaldgurke
hiermit unverfälscht mitzuteilen.
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