Es spottet jeder Beschreibung, meiner Freude Ausdruck zu
verleihen, hier die erste Lieferung meiner Hermeneutik der neueren Thermotheologie
dem Leser vorlegen zu dürfen. Es ist, erlauben sie mir dies zu sagen,
nicht weniger als eine neue Grundlegung der Thermotheologie, die ich vorsichtshalber
Hermeneutik genannt habe, um nicht falscher Bescheidenheit geziehen zu
werden. In Wirklichkeit handelt es sich hier um die causa rerum einer
neuen Theologie, die "Entweder THERMOTHEOLOGISCH ist, oder gar
nicht ist" (Karl Barth, 1953, anläßlich seines ersten
Todestages).
Ich möchte an dieser Stelle Dank sagen. Zuallerst für die mir
von der Denkfabrik freundlich gewährten Forschungs-Freisemester:
ohne sie wäre ich nicht was ich bin, und - ich will es nicht verhehlen
- das ist gut so. Zudenn dem vormaligen Kollegen in der thermotheologischen
Wissenschaft Jostos van der Vesting, der einen anderen Weg genommen hat
als den meinigen. Er zog den Weg der verfaßten und (G) 3einigen
Kirche hinauf zum P@pst-Amt, in dessen Herrlichkeit und Fülle er
nur noch selten einen seiner geschmirgelten Aufsätze formulieren
kann, ich quittiere das mit Trauer und Entsetzen. Zuletzt möchte
ich meinem langjährigen polnischen Assistenten Jerzy Regulski danken,
für die durch das Lohngefälle überaus preiswerte Durchsicht
des Manuskript und manch nützliche Korrektur. Er hat das Register
angefertigt. |
1.2. Der Schlag ins Kontor - Von den ersten Worten
Gestatten sie mir diesen kurzen Gedanken, und ersparen Sie mir ihn
zu erläutern.
Ein Schlag ins Kontor ist nur dann ein Schlag ins Kontor, wenn er auch
ins Kontor geht. Ich denke, das ist Konsens. Der Konsens hört aber
auf, wenn ich postuliere: "Auch wenn ein Schlag nicht ins Kontor
geht, kann es - ja muß es in Fällen - ein Schlag ins Kontor
sein."
Ich meine, dass diese These die Wissenschaft und hiero besonders die
herkömmliche Theologie gehörig in Aufregung versetzen sollte.
Denn an diesem Vers werde ich im folgenden die in der zeitgenössischen
Bibelwissenschaft geläufige historisch-kritische Methode madig
machen, bis sie "einem sauer aufkömmt" (M. Luther, Tischreden,
Weimarer Ausgabe, 1523-46).
Zum ersten Male habe ich die Grundlagen der neueren Thermotheologie
in der Vorlesung Thermotheologie II. am Dr.-Andreas-Roth-Institut
vor einigen Jahren skizziert, die älteren unter Ihnen werden sich
noch erinnern. Das "Völlig Unklare", mithin das Verästelt
Komplexe alles Religösen ist mit dem rationalen Handwerkszeug des
frühen 17. Jahrhunderts nicht zu kriegen, hieß es damals
von meinem Pult aus, aber die akademische Wissenschaft setzte ungerührt
ihr Treiben fort. Keine Umkehr, nirgends. Ich will es jetzt mit einem
großangelegten Experiment beweisen. Ausgangspunkt sei unser lesenswerter
Vers, den ich bewußt als einen Durchschnittswert aller biblischen
Sätze gebildet habe. Er gibt etwa den Durchschnitt in punkto logischer
Konsistenz der biblischen Verse an:
"Auch wenn ein Schlag nicht ins Kontor geht, kann es - ja
muß es in Fällen - ein Schlag ins Kontor sein."
Nun haben wir zwei Möglichkeiten den Vers auszulegen, und ich sag
es gleich, eine gute und eine böse. Erstmal der Abschreckung halber
die Böse.
Der historisch und kritisch im Sinne des frühen 17. Jahrhunderts
denkende Ausleger, wie er an den Akademien und Kolloquien unseres Landes
anzutreffen ist, würde das Verslein auseinandernehmen, 'Bis zum
get no!', so lautet in den Arbeitssälen die Losung. Man stößt
dann auf denkwürdigen Brüche im Satzgefüge: "Auch
wenn ein Schlag nicht ins Kontor geht" ( Versteil a), okay,
das verstehen wir, aber dann Einschub 1: "kann es"
und Einschub 2: "-ja muß es in Fällen" ,
wie: kann oder muß, und in was für Fällen. Und dann
das Finale: "ein Schlag ins Kontor sein." (Versteil
b).
Der im Aufklärungs-Stil denkende Ausleger fängt gleich mit
dem Zerlegen an, ohne ein Blick auf die kunstvolle Komposition zu lenken,
sondern sieht nur die Brüche und legt sich daraufhin unterschiedliche
Reime zurecht. Zum Beispiel so:
1. Variante: Es MUSS ja logisch sein, denn wer könnte unlogisch
sein. Also muß es ursprünglich wohl so geheißen haben:
"Auch wenn ein Schlag ins Kontor geht, kann es ein Schlag ins
Kontor sein". Das "nicht" in Versteil a sowie
Einschub b sind von einem späteren Redaktor hinzugefüget worden,
warum auch immer. Oder so: "Auch wenn ein Schlag nicht ins Kontor
geht, kann es kein Schlag ins Kontor sein". Das fehlende "Kein"
in Versteil b ist dann durch die Verderbnis der Texte über
die Jahrhunderte abhanden gekommen. Kann ja sein, nur nähert sich
der Sinn des Verses einer Hanebüchnerei sondershausen.
2. Variante: Der Einschub b sowie das "Nicht"
bezeichnen ursprünglich altorientalische Götternamen (z.B.
der Tanstellengott Chnit) ,die durch Buchstaben-Umstellung in der Bibel
unkenntlich gemacht werden sollten. Deshalb verstehen wir das nicht.
3. Variante: von den Kirchenvätern wurden wichtige Passagen
aus dem Verse (gerade im Einschub b) getilgt, weil er sonst zu Frauen-freundlich
ausgefallen wäre, denn im Kontor sind überwiegend Frauen tätig.
Z.B. könnte dort ursprünglich gestanden haben: "Auch
wenn ein Schlag nicht ins Kontor geht, kann es - ja muß es in
Fällen wo Schreibkräfte vom Arbeiten abgehalten werden - ein
Schlag ins Kontor sein."
Der Leser bemerkt selber den Irrtum, der in diesen Zeilen west, ich
muß das nicht weiter ausführen. Zum einen ist die Grundannahme,
der ältere Text muß auch der bessere Text sein, in biblischer
Hinsicht nicht zu rechtfertigen. Warum auch soll eine Textversion aus
dem 5. Jahrhundert v.W. (vor Weihnachten) wertvoller sein als die aus
dem achten? Und zum anderen wird der Text in seiner jetzigen Gestalt
als literarisches Zeugnis und sein Verfasser mit dieser Methode völlig
links hinten liegen gelassen. Auf der Suche nach einem imaginären
(und letzlich ja doch nie erreichbaren) Urtext wird die Aussage des
vorliegenden Textes kaum noch wahrgenommen. Ihr Schillern und Funkeln,
ihr changieren in den ungeraden Farben, Zahlen und Wegen des Lebens
abseits der Rationalitäten der Wissenschaften wird völlig
verneint und für ausgeschlossen erklärt.
Oh Ihr Toren, ruft Paulus Euch gekünstelt zu (1.Kor 1), aber er
hat recht. Mit dieser Sprache einer rational sich messenden Wissenschaft
ist vom "Völlig Unklaren" nicht sprechbar. "Worüber
man nicht reden kann, davon muß man schweigen", hat mir Ludwig
Wittgenstein einmal während einer Butterfahrt erzählt. "Wenn
man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten", dieses Diktum
in lutherischer Tradition stammt von einem Unterhaltungskünstler
unserer Tage. Wir aber können nicht schweigen, meine Damen
und Herren.
Was also not tut, ist ein neuer Blick, mithin eine Jazz-Struktur des
Erkennens, wie ich sie in meinen Vorlesungen vor Jahren schon ankündigte.
In den folgenden Lieferungen will ich dies verhandeln.
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